Beschluss zu den Rahmenbedingungen für Quereinsteiger in den Berliner Schuldienst

 

Der Bezirkselternausschuss Charlottenburg-Wilmersdorf hat auf seiner Sitzung am 13. Mai 2014 einstimmig beschlossen:


Bezirkselternausschuss Charlottenburg-Wilmersdorf (BEA) begrüßt Überlegungen der Senatsbildungsverwaltung, Quereinsteigern den Eintritt in den öffentlichen Schulbetrieb zu ermöglichen und erkennt darin eine Bereicherung des Schulbetriebes und Erweiterung von Perspektiven und Chancen der SchülerInnen.


Hinsichtlich der bisher bekannt gewordenen Teilaspekte und Rahmenbedingungen ist der BEA jedoch in Sorge, dass hierbei

 


1. Mindeststandards  in der Ausbildung der schulischen Pädagogen nicht mehr eingehalten werden und
2. die Betreuung der Quereinsteiger sowohl von den Universitäten als auch von den Schulen nicht adäquat geleistet werden kann
3. die beabsichtige Ausgestaltung der Qualifizierung sowohl zu Lasten der Quereinsteiger, als auch
4. zu Lasten der SchülerInnen geht.

 

 

Eine Lehrerversorgung auf Kosten von Qualität und Lehrinhalten ist nicht akzeptabel. Deshalb fordert der BEA dass


1. ein Einsatz von Personen ohne pädagogische und didaktische Kenntnisse unterbleibt
2. Quereinsteiger nicht ohne berufsbegleitendes Referendariat (maximal 7-10 Wochenstunden Unterrichtspraxis) im Schulbetrieb zu unterrichten haben
3. die Einrichtung  der erforderlichen zusätzlichen Studienplätze für die Zweitfächer und die Schaffung diesbezüglicher Ressourcen und Kapazitäten an den Universitäten
4. die Unterrichtszeiten der Referendare nicht mehr den Stundenzumessungen für die Lehrerausstattung der Schulen angerechnet werden
5. Eignungstests zur Unterrichtsbefähigung (nicht nur) der Quereinsteiger entwickelt und angewendet werden
6. das Verfahren beibehalten wird, dass sich die Absolventen der Staatsprüfung zur Lehrbefähigung im Anschluss an Schulen für eine Anstellung bewerben müssen
7. eine Festeinstellung von Lehrkräften nicht ohne Probezeit erfolgt

André Nogossek
Vorsitzender

 

 

 

Der Bezirkselternausschuss Charlottenburg-Wilmersdorf hat auf seiner Sitzung am 13. Mai 2014 beschlossen:

Eilantrag zur Beschlussvorlage im Landeselternausschuss Berlin in der Sitzung am 28.04.2014 / Rahmenbedingungen für Quereinsteiger in den Berliner Schuldienst

Antragsteller:  G. Peiritsch

Der Landeselternausschuss möge nachstehende Forderungen in Bezug auf die geplanten Rahmenbedingungen für die bevorstehenden Einstellungen von Quereinsteigern in den Berliner Schuldienst beschließen.

In diesem Zusammenhang sei vorausschickend festzustellen, dass der LEA Quereinsteigern in den öffentlichen Schulbetrieb grundsätzlich offen gegenübersteht und auch Bereicherung und Chancen für die Ausbildung der SchülerInnen erkennt. Die nachstehenden Forderungen sind also konkret auf die benannten Teilaspekte und Rahmenbedingungen bezogen bzw. zu verstehen.

1) a) Den beabsichtigter Einsatz von Quereinsteigern mit 19 bzw. 21Stunden eigenverantwortlicher Unterrichtsverpflichtung, die über kein studiertes Zweitfach verfügen, sowie
- ohne nachweisbare adäquate didaktische und pädagogische Kenntnisse,
- ohne berufsbegleitendes Referendariat zum Einstieg (frühestens nach 18 Monaten Lehrtätigkeit),
- nebst parallelem Studiums eines Zweitfaches
- zzgl. 7 Wochenstunden Pflichtseminare - (Unterrichtsverpflichtung+ Seminare gesamt also 26 bzw. 28 Wo-Std.)
- sowie die Erfüllung zusätzlicher Pflichtaufgaben in Schule und Hausarbeit wie qualifizierte Korrekturarbeiten, Konferenzen, als auch die Vor- und Nachbereitung von Unterricht dieser Größenordnung, zzgl. des fortführenden Selbststudiums, vorzugeben, gefährdet bereits in seiner Anlage die erwünschte mittelfristige Leistungsfähigkeit solchen Lehrpersonals, sowie die Qualität der Ergebnisse. In Bildungskreisen spricht man von einem unmenschlichen Vorhaben.
Eine solche Einstellungs- und Fortbildungsvariante ist inakzeptabel und darf so nicht umgesetzt werden.

b) Die Erfüllung der im §1, Abs.1 des Schulgesetzes u.a. für das Lehrpersonal formulierten Aufgabe,

"Auftrag der Schule ist es, alle wertvollen Anlagen der Schülerinnen und Schüler zur vollen Entfaltung zu bringen und ihnen ein Höchstmaß an Urteilskraft, gründliches Wissen und Können zu vermitteln.",

kann bei Quereinsteiger ohne entsprechende pädagogische und didaktische Ausbildung nicht vorausgesetzt werden. Eine absehbare Umsetzung dieses Auftrages ist grundsätzlich in geeigneter Form sicherzustellen und ein Einsatz von Personen vor Schülern ohne oben genannte Voraussetzungen hat zu unterbleiben.

c) Der LEA fordert, dass Quereinsteiger nicht ohne Referendariat (maximal 7-10 Wochenstunden Unterrichtspraxis) im Schulbetrieb zu unterrichten haben. Die pädagogische und didaktische Ausbildung hat auch bei diesem Personenkreis die der regulären Lehrerausbildung von Anfang an zu entsprechen.

2) Starke Reduzierung bei der Qualität der Lehrerausbildung

a) In einer alternativen Variante sollen Lehramtsanwärter mit ebenfalls 19-21 Std. Unterricht mit berufsbegleitendem Referendariat fest eingestellt werden, die allerdings erst 20-30 Semesterwochenstunden Einführung in ein Zweitfach hinter sich haben. Diese Kenntnisse sollen für den Ausweis und das Unterrichten eines Zweitfaches bereits genügen. Dies entspricht in etwa einem um zwei Drittel reduzierten Studiums für das Zweitfach.
Solche Umsetzungspläne zur Lehrbeauftragung an unseren Schulen ist deutlich zu kritisieren und abzulehnen.

b) Eine Lehrerversorgung auf Kosten von Qualität und Lehrinhalten ist nicht hinnehmbar. Wir fordern die Senatsbildungsverwaltung auf, schriftlich darzustellen, wie das Zweitfachstudium für Quereinsteiger in seinen Eckpunkten im Vergleich zur regulären Lehramtsausbildung gestaltet werden soll.

Konkrete Nachfrage:
Dauer?- Leistungspunkte?- Vergleichbare Ausbildungsorientierung?- Welcher Abschluss wird in dieser stark modifizierten Ausbildung erreicht?- Wird eine adäquate didaktische und pädagogische Vorbereitung wie beim regulären Lehramtsstudium vorgegeben? Welche sonstigen Unterschiede ergeben sich verglichen mit einem regulären Studiengang?

c) Der Landeselternausschuss fordert eine Darstellung der erforderlichen zusätzlichen Studienplätze für die Zweitfächer und die zur Verfügung stehenden diesbezüglichen Ressourcen und Kapazitäten der Universitäten. Nach Fächern und Plätzen.

d) Der LEA fordert, dass die Unterrichtszeiten der Referendare nicht mehr den Stundenzumessungen für die Lehrerausstattung der Schulen angerechnet werden.
Dies verzerrt die tatsächliche Lehrerausstattung einer Schule, da es sich eben nicht um fertig ausgebildete Lehrer handelt, sondern um Unterrichtsstunden, die als berufsbegleitende Ausbildungsmaßnahmen von Lehrern der betreffenden Schulen zu begleiten sind. Es fehlt also die Grundlage für eine Anrechnung dieser Stunden im Sinne der Lehrerausstattung einer Schule. Der LEA besteht auf die Umsetzung dieses qualitätssichernden Ausbildungsbestandteils für zukünftige Lehrer.  Die praxisferne Vorrechnung dieser Lehramtsanwärter wird vom Gremium als Ausstattungskosmetik an unseren Schulen identifiziert und abgelehnt.

3) Eignungstest zur Unterrichtsbefähigung und Festeinstellung ohne Probezeit

a) Der LEA fordert die Senatsbildungsverwaltung auf entsprechende Eignungstests für Quereinsteiger einzurichten und ein solches Verfahren schriftlich zu dokumentieren. Wir ersuchen um entsprechende schriftliche Darstellung.

b) Eine Festeinstellung von beruflichen Seiteneinsteigern für den Schulbetrieb ohne einer angemessenen, obligatorischen Probezeit darf es in diesem sensiblen Bereich nicht geben. Der LEA fordert die Senatsbildungsverwaltung auf, eine entsprechende Maßnahme zu setzen.

c) Des weiteren fordert der LEA, dass das Verfahren beibehalten wird, dass sich die Absolventen der Staatsprüfung zur Lehrbefähigung im Anschluss an Schulen für eine Anstellung bewerben müssen. Diese qualitätssichernde Maßnahme verhindert, dass Absolventen, die mit einer zu schlechten Zensur die Prüfung bestehen, automatisch den Schülern "erhalten bleiben".  Es soll sichergestellt bleiben, dass sich angehende Lehrer nach wie vor um ein ausgewiesen gutes Prüfungsergebnis für eine Anstellung an einer Schule zu bemühen haben.

4) Verlässliche Personalplanung

Seit einigen Jahren ist dieser, besonders durch das starke  Ruhestandsaufkommen, absehbare und nun eingetretene massive Lehrerfehlbestand bekannt. Trotz dieser Tatsache hat man keine rechtzeitigen, adäquaten und vor allem wirksamen Maßnahmen ergriffen.
Demnach fordern wir die Senatsbildungsverwaltung auf, schriftlich darzustellen, was sie, ungeachtet von Vorgängen in anderen Bundesländern, konkret unternimmt, damit solche Situationen für Berliner Schule in Zukunft in inhaltlich akzeptabler Weise vermieden werden.

5.) Nachfragen mit der Bitte um zeitnahe, schriftliche Beantwortung:

- Wie viele Personen, mit welchen Voraussetzungen als Quereinsteiger in welchen Fächern einen Arbeitsvertrag angeboten bzw. eine Zusage erhalten werden/haben?

-  Wo und in welchen Schulen werden Quereinsteiger vermutlich (ohne abgeschlossene, regulär erlangte Lehramtsbefähigung) zum Einsatz kommen? Bitte um schulgenaue Darstellung, gerne anonymisiert aber mit bezirklicher Zuordnung.

- Wieviele Bewerber, mit denen in den vergangenen drei Jahren ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde, haben jeweils die Arbeit zu Schulbeginn nicht aufgenommen?

Im kürzlich verabschiedeten Lehrkräftebildungsgesetz ist geregelt, dass interessierte Personen dann in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst aufgenommen werden können, wenn nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber mit einer Lehramtsbefähigung für die Einstellungen in den öffentlichen Schuldienst zur Verfügung stehen.

- Inwieweit entsprechen die beabsichtigten, selbständigen Unterrichtsverpflichtungen von Quereinsteigern in der  beabsichtigten Größenordnung und den damit verbundenen Pflichtaufgaben, den Regularien eines berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstes (s.o.)?

- Inwieweit ist diese Art der Ausbildung überhaupt mit diesem Gesetz und den Inhalten der einhergehenden Verordungen  in Einklang zu bringen. Besonders in Hinblick auf die gestiegenen zusätzlichen Anforderungen eines inklusiven Schulbetriebs und das diesbezüglich veränderte Lehramtsstudium?

- Inwieweit wird in der Ausbildung von Quereinsteigern den gestiegenen Anforderungen in Bezug auf inklusiven Unterricht Rechnung getragen.

 

Der LEA hat diesen Antrag mit redaktionellen Änderungen auf seiner Sitzung am 16. Mai 2014 einstimmig beschlossen.